Träumen vom 3D-Drucker

Phillip vom famosen bausteln.de, der den Arduino-Workshop auf der Sigint geleitet hat, hat dort noch einen sehenswerten Vortrag präsentiert – einen Überblick über den Traum vom “Fabbing”, von der Maschine, die als 3D-Drucker in der Lage ist, fast beliebige Werkstücke herzustellen und sich allmählich der Fähigkeit annähert, sich selbst zu reproduzieren. Das Ganze für jedermensch bezahlbar und natürlich open source. Erste Schritte sind gemacht (Links zu den bekanntesten Projekten am Ende dieses Artikels), aber es zeichnete Philips Vortrag aus, dass er sich nicht völlig von der Euphorie des “Druck-Deinen-eigenen-Alltagsgegenstand”-Lagers hat wegspülen lassen.

Die Wahrheit ist nämlich die: So faszinierend die drei Open-Source-Projekte zur Herstellung bezahlbarer 3D-Drucker schon sind, und so nahe sie uns bisher unerschwingliche “Rapid Prototyping”-Techniken schon gebracht haben – sie sind noch nicht gut genug, noch nicht groß genug, noch nicht robust genug, noch nicht billig genug. Auch ist Philip ehrlich genug, zuzugeben, dass verfügbares 3D-Printing uns vermutlich keine Revolution der künstlerischen Ästhetik bringen wird – aber das Maker-Ethos lebt ja gerade davon, es trotzdem zu machen. Es geht darum, den Menschen die Werkzeuge in die Hand zu geben, ihre Ideen umzusetzen.

Dass man dieser Kernidee vielleicht besser näher kommt, wenn man noch nicht vom Makerbot in jeder Hütte träumt, sondern eine Zwischenlösung sucht, das fand ich den bestechendsten Gedanken. Er propagiert die Idee der “Hackerspaces”, gemeinschaftlich genutzter Werkräume – oder wie ein Besucher des Vortrags nüchtern zusammenfasste: Werkstatt-Genossenschaften – die dann gezielt Maschinen zur Herstellung beliebiger freier Formen erwerben und entwickeln können. Oder auch nach alten Werkmaschinen jagen und sie – und das damit verbundene handwerkliche Wissen ihrer alten Eigentümer – der Gesellschaft erhalten. “Sucht Verbündete bei den Handwerkern” – auch das ein reizvoller Ansatz.

Ein realistischer Weg zur 3D-Fabrikation?

2002 habe ich mal die “Euromold” in Frankfurt besuchen können und habe mir auf dieser Industriemesse angeschaut, wie dort Modelle von Hüftgelenken und Schädelfragmenten entstanden – wie Kunstwerke sahen sie aus. Rapid Prototyping nannte sich das, und es kam mir vor wie Science Fiction. Seitdem faszinieren mich 3D-Drucker, und wie Philip denke ich schon lange darüber nach, eins der erhältlichen Bausatz-Modelle auszuprobieren.

Der Sigint-Vortrag hat mich zu folgenden Thesen gebracht:

  • Sich der Faszination des 3D-Drucks auch wieder entziehen können. Mit Plastik und anderen Materialien drucken zu können, Schicht um Schicht fast beliebige Formen aufbauen, dieser Reiz lässt einen übersehen, dass klassische Techniken das Fabbing schneller weiter bringen könnten. Philip erwähnte zu Recht CNC-Fräsen; teure Großmaschinen – wo bleibt der Fräskopf für die Open-Source-Fab? Wo die Halterung für den Dremel als Einfach-Lösung für Jedermann?
  • Designs mit einem fest montierten Spritzdüsen-Kopf sind vermutlich nicht flexibel genug. Zum einen wegen der erwähnten Möglichkeit zum Fräsen/Bohren, die ich mir wünschen würde, zum anderen, weil man mit mehr als einem Material arbeiten könen muss – schon, um irgendwann eine Art Farbdruck zu realisieren.
  • Intelligente Middleware ist König. Zu den Maschinen-Designs passend muss man erheblichen Aufwand treiben, um der Software beizubiegen, welche Designs möglich sind und welche nicht, und wie man das Mögliche automatisch umsetzt.
  • Intelligente 3D-Design- und CAD-Software ist Papst. Wer ist schon fit in “Blender?” Ich nicht. [Ergänzung im Oktober 09: man könnte natürlich als ausgewiesener untergeek auch schon mal über Google Sketchup gestolpert sein, zugegebenermaßen.]
  • Retrofitting als Zwischenlösung. Warum die gesamte 3D-Positionierungsmechanik selber bauen? Eine Alternative: mechanische Drehbänke und Fräsmaschinen mit Schrittmotoren, Sensoren, Steuerlogik aufrüsten. Ich gebe zu, dass man da schon ein sehr enges Verhältnis zum Eigentümer dieser Maschinenschätze aufbauen muss, aber warum nicht? Klappt das Projekt, hat der Inhaber der Werkstatt plötzlich ganz neue Möglichkeiten – und einen potentiell unbegrenzten Kundenkreis.

Sollte jemand einen ernsthaften Ansatz starten, im Rhein-Main-Raum einen Hackerspace mit Fabbing-Tools ins Leben zu rufen – ich wäre dabei. Und die alte Tradition, dass das erste selbst gefertigte Objekt ein Schnapsglas zu sein hat, mit dem man auf die neue Machmaschine anstößt, gelobe ich in Ehren zu halten.

Eine persönliche Anmerkung von der Sigint

Ein etwas unsachlicher, aber bezeichnender Eindruck noch zum Schluss: Kurz nach Beginn des Vortrags öffnet sich die Tür und ein etwa zwanzig Jahre alter, dünner Mensch setzt sich neben mich, in T-Shirt und Schlabberklamotten. Kaum, dass er Platz genommen hat, meldet mir meine Nase unmissverständlich: Der Mann hat geduscht! Er riecht gut! Und war damit auf der Sigint leider eher die Ausnahme als die Regel.

Nick Farr, Hacker mit Stil (und EEE PC) auf der Sigint 09Meine Güte, Leute, Hacker-Klischee hin oder her: so viel zwischenmenschlicher Respekt geht immer. Und wer wirklich mit seinem Äußeren punkten will: Wer war der äußerlich coolste Hacker auf der Sigint? Irgendeiner mit 23C3-Beutestück am Leib? Au contraire: Meiner Meinung nach war’s “Cloud Banking”-Guru und Spontan-Visionär Nick Farr. Auch stilistisch ein Querdenker. So fällt man auf, ihr Nonkonformisten.

Nach diesem Wutmäander nun die Links zum Thema Fabbing.

3D-Fabbing: Weiterführende Links

Die erfolgreichsten drei Open-Source-Basteleien mit der 3D-Technik sind

  • das Projekt Fab@Home,
  • das Projekt RepRap,
  • und der MakerBot” – ein Verwandter des RepRap und zugleich gesegtnet mit dem vergleichsweisen Vorteil der Community rund um die O’Reilly-Bastlerzeitschrift “Make”.

Auch einige kommerzielle Dienstleister lohnen durchaus einen Blick:

  • die 3D-Druckfirma Shapeways, eine Philips-Tochter,
  • der 3D-Fabbing-Anbieter ponoko in Neuseeland,
  • thingiverse – der Versuch, ein “Flickr der Dinge” zu erschaffen.

Für weitere Linktipps wäre ich dankbar – eventuell lohnt das Ganze sogar einen kleinen Zweig im Wiki nebenan.

Philips Präsentation übrigens, von der ich bei diesem Artikel schwer profitiert und abgeschrieben habe, findet sich hier. Und ich bin sehr gespannt darauf, bei bausteln.de mehr zu lesen vom frisch importierten MakerBot – der durfte noch nicht auf die Sigint nach Köln: Der Berliner Zoll hielt ihn noch bei sich fest.

Verwandte Artikel:

    keine – dieser Post scheint einzigartig zu sein…

6 thoughts on “Träumen vom 3D-Drucker

  1. Hi untergeek,

    bin gerade über deinen Post gestolpert ;)

    Ich wohne Nähe Hanau, arbeite in Frankfurt und bin auch schon seit ein paar Jahren (ca. seit ’85) im Bereich Hobby-3D-Fertigung/RP aktiv.

    Daheim habe ich eine ältere CNC-Fräse, die ich nach und nach um die Otionen 3D-Druck und Laserschneiden erweitere und diese oder jene Eigenkreation im Bereich Mikromontage und -Positionierung.

    Vor 2 Jahren habe ich mich bei fab@home und RepRap ‘eingeklinkt’ und begleite vor allem die Reprapper aktiv – mach aber eher in Paste-Drucken bei Zimmertemperatur, als in FDM-fabbing.

    Ich würde mich ebenfalls über einen Hackerspace im Rhein-Main-Gebiet (natürlich möglichst nahe bei mir ;)) freuen und suche schon länger Gleichgesinnte.

    Wie siehts hier mit Kontakten und Möglichkeiten aus?

    VDX

  2. Ahoi

    Ich schleiche jetzt schon seit einem halben Jahr um das RepRap herum und spiele mit dem Gedanken mir einen zusammen zu bestellen und zu basteln.

    Gibt es inzwischen hier in der Gegend noch mehr Leute?

    Robert

  3. … die mir bekannten sitzen in Süd-, Nord- und Ost-Deuschland … alle zeimlich weit auseinander :-(

    Auch sonst tauschen wir uns international (England, USA, Neuseeland) mehr aus, als “innerdeutsch” :-/

    Es wird Zeit, daß auch hier in Deutschland ‘hackerspaces’ aus dem Boden gestampft werden ;-)

    VDX

  4. Es besteht Hoffnung, soweit ich weiß – der regionale Chaostreff denkt gerade darüber nach, sich zu formieren, und einer der zentralen Gründe ist der, dass ein Hackerspace entstehen soll. Stay tuned… :)

    @Viktor: nun hast Du mich extrem neugierig gemacht! Hast Du das mal irgendwo verbloggt? (Ansonsten hinterlass mal ne Mail; das würde ich mir gern mal ansehen…)

  5. … hab’s dir zugemailt … die CNC-Fräse läuft gut, die vielen Infos und Posts dazu sind aber abgeschottet in der CNC-Ecke – müßte man sich anmelden zum Lesen können :-/

    Hier ein Link zu meinem Parallelkinematik-Testmuster

    Die anderen Baustellen (Paste-Dispenser, 1W- u. 50W-Diodenlaser) sind in verschiedenen Stadien des Aufbaus bzw. Rumprobierens …

    VDX

  6. kleiner Update: … aus dem 50Watt-Diodenlaser ist jetzt doch noch ein 50Watt-Faserlaser geworden, der einen Laserspot unter 10 Mikrometer hinbekommt (im Gegensatz zu 100 Mikrometer beim Diodenlaser), so daß jetzt “Mikro-Lasersintern” von z.B. Stahlpulver als interessanteste 3D-Fertigungsmethode möglich wird!

    Dann schwenke ich wohl vorübergehend auf den Aufbau eines Laser-Schneid-/-Sinter-Kopfes um, den ich neben die Fräse hänge und versuch mich mal in der Mikrofertigung ;-)

    VDX

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *