Yay! Ich hab‘ einen DIY-Minimoog gekauft. (Und Jenny wird’s lieben!)

Ist das nicht WUNDERBAR? Gediegene Klassik: Ein Minimoog – weniger ein Bedienpanel, eher eine erogene Zone für Synthesizer-Freaks. Einmal an diesen Dingern drehen – komm, du willst es doch auch! Die reine Schönheit eines einmaligen elektronischen Instruments, das auch über 50 Jahre nach seiner Konzeption noch äußerst gefragt ist – und das ich nie, nie, nie selber haben wollte.

Ich wollte aber keinen Minimoog!

Jetzt mal ehrlich: Moogs sind überteuert und überschätzt. Nenn mir einen klassischen Moog-Leiterfilter-Sound, den man nicht auch mit einem Plugin oder fast jedem modernen Hardware-Synthesizer hinkriegt. Selbst mein oller R3 – Underdog-Synth Nr. 1 – kriegt gute Moog-Imitationen hin. Und wer zur „Digital-kann-halt-nicht-klingen-wie-wahre-Analogsounds“-Sekte gehört, kann immer noch auf technologischen Neoklassizismus setzen und moderne analoge Technik nutzen. Jetzt kauf dir halt einen Boog, verdammt! Und raus aus der Kellerwohnung.

Und trotzdem… der Minimoog hat was. Bei Synthesizern geht es um den Fluss – und um die einzigartige Kombination von Aussehen, Verhalten und Klang, die ein Instrument ausmachen. Als ich also ein Moog-Gehäuse mit Knöppen und Tastatur aus einem Eigenbau-Projekt um wenige Euro sah, das der Ursprungs-Bastler aufgegeben hat, konnte ich nicht widerstehen.

„It’s aliiiiive!“ – Wie man eine leere Hülle wiederbelebt

Ich ziehe da nicht eine, sondern zwei Möglichkeiten in Betracht:

Option A: Ein „Midimoog“ mit dem modernen Klon Roland SE-02

Der Roland SE-02-Minisynth-Expander unterscheidet sich von den anderen „Boutique“-Synthesizern dadurch, dass er eben keine digitale Nachahmung ist, sondern analoge Schaltungen enthält. Technologischer Neoklassizismus at its best: Die Schaltungen wurden nicht nur kopiert oder gar emuliert, sondern verbessert. Er bietet ein paar sehr großartige Verbesserungen: Crossmodulation, zusätzliche LFOs, ein hübsches Digital-Delay, einen Sequenzer und die Möglichkeit, Sounds digital zu laden und zu speichern. Toll!

Fingers turning one of the SE02's tiny, tiny knobs

Nur, dass die winzigen Knöpfe ihn nahezu unbrauchbar machen und ihn in die Ränge der „world’s most hated audio tools“ gebracht haben – und damit immerhin in ein großartiges Bad-Gear-Video.

Wäre also ein echter Elfmeter: Die wunderbare Sound-Engine aus der Enge ihres klaustrophobischen Gehäuses befreien und in das Minimoog-Gehäuse setzen. Theoretisch wären also nur ein paar Potis aus der Platine zu hebeln und ein paar Kabel zu den Moog-Potis zu löten (bzw. ein paar neue für die zusätzlichen Funktionen unterzubringen).

Das allerdings bringt den Wiederverkaufswert des SE-02 im Handumdrehen auf null; deshalb wäre eine weisere Herangehensweise, aus dem Gehäuse einen echten „Midimoog“ zu bauen: einen Controller, an den der SE-02 nur per MIDI/USB angeschlossen wird. Was – siehe Option B – natürlich viel mehr Arbeit ist.

Option B: Polyphone Minimoog-Emulation mit „Dino Board“-PCB

Es gibt einen ziemlich nicen Minimoog-Klon auf Basis einer liebevollen digitalen Nachbildung: Der Creamware/SonicCore Minimax ist seit 2005 auf dem Markt. 2005, ey! Das Jahr, in dem der Airbus A380 seinen Erstflug hatte, noch zwei Jahre, bevor der Blofeld rauskam, und der ist nun echt schon ein paar Technikgenerationen alt. Meine Behauptung von oben, dass authentische Minimoog-Sounds heutzutage an jeder Ecke zu kriegen sind, war nicht so dahingesagt! Leider werden die „Authentic Sound Board“-Synthesizer von Creamware/SonicCore nicht mehr hergestellt – auch hörens- und sehenswert: der geklonte Prophet – und das heißt: sie sind so selten und so teuer, wie sie schön sind. Das ist dann von einem echten Minimoog gar nicht mehr so weit weg.

2019 ist eine DIY-Synthesizer-Platine namens Dino Park auf den Markt gekommen –  ich schrob verschiedentlich darüber – die die Creamware/SonicCore-Technik und damit den Sound geerbt hat. Jetzt steckt dahinter eine anscheinend sehr traurige Geschichte vom Streit zwischen den Creamware-Gründern, von denen einer das sinkende Schiff verließ und versuchte, die Technologie vielfach zu versilbern. Darum soll’s hier nicht gehen, aber Dino Park ist ein Neuaufguss des Use Audio Plugiators, der wiederum ein Aufguss der Original-Creamware-Emulationen war. Ein neuerer DSP, etwas anderes Drumherum, aber in der Sound-Engine ist nichts von den mehr als ein Dutzend Jahren angekommen, die seitdem in der Entwicklung von digitalen Emulationen vergangen sind; immer noch die gleiche Anzahl von Stimmen mit den gleichen Features und den gleichen Stärken und Schwächen. Nimm’s oder lass es bleiben.

Andererseits, die Sounds sind echt gut. Das Ding mit einer selbst gebastelten Touchscreen-UI in einen Karton zu stecken, hat Spaß gemacht, aber wenn ich ehrlich bin, habe ich die „Dino Box“ so gut wie nie benutzt. Also kann ich das Soundboard ruhig als Herz eines amtlichen Minimoog-Klons nutzen.

Jaaaaa, es ist digital. Und jaaaaa, die anderen Emulationen von Prophet, Arp 2600 und Co. blieben außen vor. Aber: Die „Minimax“-Emulation wird von Kundigen hoch gelobt, sie bringt ein paar nette Verbesserungen – Anschlagsdynamik und Aftertouch, einfache, aber brauchbare Effekte, Sounds speichern und laden – und vor allem ist sie zwölfstimmig polyphon! Also los.

Der Nachteil ist nur: hier kann man nicht mal eben schnell ein paar Potis dranlöten. Das Bedienpanel – das ich jetzt gekauft habe – braucht eine handgebastelte Elektronik, die es in einen vollwertigen MIDI-Controller verwandelt: Die Potis, Knöpfe und Tasten abfragen – und mit einem passend programmierten Mikrocontroller in die richtigen MIDI-Signale verwandeln.

Also, was werde ich tun?

Wisst ihr was: Ich probier mal beides.

(Und worauf ich mich echt freue, ist der Blindtest: sind es die echten Transistoren oder die digitale Emulation? Hehehehe lol)

Erste Schritte in die Vorhölle

Ich bin ja gewarnt: Ich habe das Gehäuse ja nur dadurch gekriegt, dass schon mal ein Bastler aufgegeben hat – es ist leicht, mit was anzufangen; es ist schwer, was zu Ende zu bringen. (Oh Mann, erzähl mir was.) Aber wie sagt Lao Tse? „Auch eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt.“ (Oder etwas weniger aufgeblasen: Die einzige Art, einen Elefanten zu essen, ist: Happen für Happen.)

Mein erster Schritt war, dass ich etwas gemacht habe, was ich seit zwanzig Jahren nicht gemacht habe: ich habe eine Platine entworfen. Die Details kommen nochmal in einen Extra-Post, aber: um für die Abfrage all der Potis und anderen Kontrollelemente nicht umzig Einzelverbindungen löten zu müssen, habe ich rund um den guten alten CD4051-Analogmultiplexer-Chip einen Schaltplan gemacht, daraus ein PCB-Layout gemacht, das an eine Prototyp-Fabrik geschickt. Jetzt warte ich auf die Resultate.

PCB layout in the CAD view, with red and blue signal layers.

Und wenn das erst mal alles funktioniert wie geplant: Ich bin sicher, die Jenny wird es lieben. Wenn diese relativ allgemeine MIDI-Hard- und Software mal läuft, wird es auch mit dem Jenny Midification project hoffentlich endlich voran gehen.

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