Ein Stück Synthesizer-Geschichte – und ein Stück meiner eigenen Geschichte – landet durch Zufall bei mir. Und die Reparatur ist genau so, wie alle sagen.
Vor über 30 Jahren spielte ich mit tollen Menschen in einer tollen Band. Ich hatte nicht wirklich Ahnung, was ich tat, und auch meine Synthesizer waren ein ziemlich ahnungsfrei zusammengestelltes Ensemble – der zu Recht gefürchtete Keytek CTS-2000 spielte eine Rolle (er sollte später durch die sehr schöne Kombination aus Casio VZ-1 und Matrix-1000 ersetzt werden, aber so weit war ich lang noch nicht).
Jedenfalls, einmal lieh einer meiner Mitmusiker:innen bei eiinem Freund einen Polysix aus – und es war eine Offenbarung. Das war schon Anfang der 90er eine angejahrte Maschine, er konnte auch nicht viel („Poor Man’s Prophet“? Ha!), aber die Sounds, die er konnte, trafen mein Herz, der Chorus ließ die Sonne über Tiefenbronn aufgehen, und das Instrument hatte durch seine Drehknöpfe etwas sehr Unmittelbares, das ich von meinen damaligen Instrumenten nicht kannte.
Natürlich, der Zeitbombenakku auf KLM-367!
Jetzt hatte ich beim Mitsteigern ja einen Verdacht, und der erste Blick bestätigte diesen Verdacht. Alle, die schon mal einem Polysix näher gekommen sind, wissen, was jetzt kommt: Die Pufferbatterie – genauer: der Puffer-Akku – war ausgelaufen, und die Lauge aus der Batterie hatte Teile der Programmer-Platine (KLM-367) zerfressen.
- First look at the battery, the green thingy on the KLM-367 board: Does not look too bad at first…
- …but on closer inspection…
- …the corrosion and damage of PCB and the IC31 socket are visible.
Tatsächlich bekommen praktisch alle Polysix dieses Problem, wenn nicht vorher jemand die Batterie austauscht, und genau das war schon mal passiert – vermutlich beim Einbau des Kenton-MIDI-Interfaces, das dieser Polysix auch bekommen hat – nur haben sie damals einfach genau wieder so einen Akku eingebaut. Und der war dann eben wirklich irgendwann ausgelaufen.
Sichtlich gelitten hatte nicht nur die Platine, sondern auch der Sockel für das IC31; ausweislich des Polysix-Service-Manuals (PDF) ist das ein 74LS08 Vierfach-NAND-Gatter, das aber im Prinzip nur als Bustreiber dient und im Zweifel leicht durch etwas Moderneres (74HCT08?) zu ersetzen ist.
Aufräumen und putzen
Also erst mal Akku und Sockel raus – wobei ich feststellte, dass man alle zwanzig Jahre vielleicht auch mal die Lötspitze der Lötstation tauschen sollte, und besonders gut (ent-)löten kann ich auch nicht mehr. Mit sanfter Gewalt habe ich den angefressenen Sockel entfernt und die Platine mit etwas milder Essiglösung und Reinigungsalkohol gereinigt.
(Halt mal, noch mehr Säure? Tatsächlich ist, das sagen etliche Quellen, die Batterieflüssigkeit eine Lauge, keine Säure; das Essigwasser dient also auch der Neutralisierung eventueller Reste.)
Als nächstes: ein neuer Sockel und eine neue Batteriehalterung, diesmal für eine Standard-Knopfzelle (das Service Manual hat übrigens einen Anhang, der genau diese Modifikation beschreibt). Durch die alte Lötspitze hatten die Durchkontaktierungen am IC-Sockel gelitten, also habe ich alle Pins auf der Unterseite handverdrahtet. Nicht schön.
War’s das? Leider nein!
Ein schneller Funktionstest zeigt: einige der Preset-Wahltasten konnte ich durch die Reparatur wieder zum Leben erwecken, die andere Hälfte blieb tot. Und das Messgerät bestätigte es: Auch IC30 hatte etliche Verbindungen verloren! Und, schlimmer, auch die Datenleitungen zum RAM-Baustein TC5514 (IC32) und zum DAC (IC33) hatten Schaden genommen; damit kann natürlich kein gerader Ton aus dem Instrument kommen.
An diesem Punkt habe ich abgebrochen, weil ich längst beschlossen hatte, die gesamte KLM-367-Platine zu tauschen. Andrej Shenshyn bietet auf seiner Website Nachbauten an, komplett bestückt bis auf den Mikrocontroller. Bei einem 40 Jahre alten Synthesizer scheint mir das die bessere Option zu sein; schließlich soll er noch ein paar Jährchen in die Zukunft gut überstehen.
Ein State-of-the-art-Schaltnetzteil habe ich gleich mitbestellt bei Andrej – es senkt die Abwärme deutlich und reduziert zudem das Risiko von Überspannungs-Schäden, und scheint mir deshalb ebenfalls eine gute Investion in die Zukunft des Polysix zu sein.
Work to do!
Kurzer Nachtrag: Die neue KLM-367A-Platine ist eingebaut und funktioniert; der Synth braucht trotzdem noch einiges an Arbeit. Tote Klaviatur-Tasten, die sich nur mit roher Gewalt aktivieren lassen, sprechen für eine Grundreinigung der Tastaturkontakte. Und alle Potis sind noch tot – außer denen, die (wie der Taktgenerator) nicht vom Programmer-Board gescannt werden. Der Kopfhörer-Ausgang rauscht und fiept. Potis kratzen. Eine Kalibrierung nach Service Manual wäre vermutlich auch nicht schlecht… ist also noch ein bisschen was zu tun, bevor ich so richtig im Polysix-Sound abtauchen kann.
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This was the first ever ‚proper‘ polysynth I ever played and I always lusted after one as a teenager in the Eighties. As a more responsible adult – with limited DIY synth repair skills (and an even more limited budget!) – I’m simply awaiting the Behringer PolyEight clone. If their Mono/Poly is anything to go by, their 8-voice PolySix should help assuage any misplaced cravings I still have for this beautiful instrument.
Thanks for the post…
Thank you for sharing that memory with me! And yes, I think that we should thank Behringer for that.