Kriegsgebiet Schreibtisch

So viel zu tun am Wochenende. Putzen, einkaufen, bügeln, das Übliche also; außerdem endlich den Brief an den Vermieter wegen des lecken Dachs, ein paar Finanzangelegenheiten, Sperrmüll anmelden, 1500 Seiten neue Weihnachtsbücher weglesen. Und im Job ist ja auch noch jede Menge. Und was mache ich?

So was.

Das da in der Mitte meines Schreibtischs ist der Torso des alten, aber ungeschlagen schönen iMac meiner Liebsten: ein Rechner mit G3-PPC unter Mac OS 9.1, mit einem Arbeitstakt von 400MHz und ursprünglich sensationellen 64MB Hauptspeicher. Das wäre kein Problem: Nach einer gesunden Speicheraufrüstung und mit einer neuen (alten) 120GB-Festplatte kann er noch gute Dienste leisten; viele Quellen bestätigen, dass es sich selbst mit dieser alten Kiste unter MAC OS X 10.4 (aka “Tiger”) hervorragend arbeitet.

Nur eine Sache geht gar nicht mehr: der eingebaute Röhrenmonitor flimmert nicht nur gottserbärmlich, er ist auch fehleranfällig und unscharf. Abgesehen davon, dass er über 10 Kilo wiegt. Also warum nicht durch ein formschönes und augenfreundliches 15-Zoll-LCD-Panel ersetzen?

Das ist schnell gefunden, für gerade 10 Euro inklusive Versand: Ebay macht’s möglich, Glück gehabt, dass der einzige “Defekt” des Bastler-Geräts in der Abwesenheit des Netzkabels bestand. Die beiden Gehäuse geknackt – das alte Apple-Service-Manual als Demontage-Anleitung gibt’s hier – und jetzt könnte alles ganz schnell gehen.

Wie immer fängt der Spaß aber jetzt erst richtig an.

Die Kurzfassung: Ich entschließe, dem Mac die Analogplatine zu ziehen, damit die eklichte Hochspannung nicht mehr im Gehäuse ist – sie enthält vor allem die Ansteuer-Elektronik für die Röhre. Statt dessen soll ein altes ATX-Netzteil die Stromversorgung übernehmen – und der Flachbildschirm einfach über VGA angeschlossen werden (dazu braucht man nur ein passend gelötetes Kabel). Alles kein Problem; alles im Netz dokumentiert – nur gibt der verfluchte Mac seitdem 95Hz (!) Bildwiederholfrequenz aus – so behauptet es zumindest die uralte 17-Zoll-Kiste vom Dachboden (links im Bild), und das packt das LCD-Panel natürlich nicht, und auch der Röhrenmonitor nur als Schatten. Und ich habe keinen Docht, woran’s liegen könnte…

Materialien:

  • Die originale Anleitung kommt aus Neuseeland (englisch) – ist allerdings (a) für einen iMac der ersten Generation, der ein etwas anderes Pinout hat, und IMHO (b) in Details irreführend
  • Die Anleitung eines französischen Modders (keine Angst – in englisch), der ein geradezu göttlich zuverlässiges PDF produziert hat als Anleitung, was man wohin löten muss. Für einen G3 der 2. Generation – 350-450MHz Taktfrequenz (englisch)
  • Apples Developer Note zur Architektur und zum Aufbau eines iMac G3-400 (PDF)

NACHTRAG: Das letzte Dokument war Gold – es enthält folgenden kleinen Absatz zu den Video-Fähigkeiten des iMac G3:

The built-in video display uses a 15-inch CRT (13.8-inch viewable diagonal). The CRT uses shadow-mask technology and has a dot pitch of 0.28 mm. The display has a fixed horizontal scan rate (60.015 kHz) and supports three resolutions. Table 3-4 lists the resolutions and the vertical scan rates supported.

(…)

Table 3-4: Display resolutions and pixel depths
Resolution         Vertical rate         Pixel depth
640 by 480            117.233 Hz          32 bits
800 by 600              94.97 Hz          32 bits
1024 by 768             75.03 Hz          32 bits

Man beachte die ominös hohen Bildfrequenzen. Offenbar ist der Mac also auf 800×600 eingestellt.

Ich präzisiere meine Ratlosigkeit: wie bekommt man einen iMac dazu, eine zivile Bildfrequenz und -auflösung anzubieten – ohne Monitor? (Auch mein modernes 17-Zoll-LCD-Panel packt das nicht.)

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6 thoughts on “Kriegsgebiet Schreibtisch

  1. Pingback: Das Rootserver-Experiment

  2. @Gecko: Das wäre SEHR viel einfacher, wenn die alte Röhre noch dran wäre. Die ist aber inzwischen entsorgt. Da es vollkommen unmöglich ist, mit den derzeitigen Einstellungen ein klares Bild zu kriegen, muss man sich ohne Bildschirm eine richtige Bildschirmeinstellung einstellen. Catch-22.

    Ein Weg, den ich eine Weile verfolgt habe, sind Kommando-Eingaben auf der “Open Firmware”-Oberfläche – wenn man einen Mac bootet und währenddessen Apfel+Alt+O+F drückt, erhält man Zugang zu einer Kommandozeile mit einem Forth(!)-Interpreter und diversen Einstellmöglichkeiten. Für andere Rechner habe ich auch Monitor-Hacks gefunden – dazu bald mehr; ich forsche noch. Fürs erste hat ein kleines Foul geholfen: wenn man den Mac mit einer Ubuntu-Linux-CD für PPC-Rechner bootet, sieht man immerhin mal was.

    Aber danke für den Tipp… ;)

  3. @SchaSche Neinnein, Signal ist da. (Wie oben gesagt: unter Ubuntu steht das Bild.) Allerdings nur aus dem internen Monitoranschluss mit selbstgebasteltem Kabel; aus der VGA-Buchse hinten kommt nur Gegriesel – ich vermute, dass ich da einen Treiber gebraten habe; irgendwann hat’s auch mal geraucht.

    Ist definitiv eine Softwarefrage. Die Hartware tickt einwandfrei.

  4. Klasse Beitrag. Endlich mal jemand der mir mein “ich bin ein Orga-#fail” Gefühl ein bißchen nimmt. Ziemlich genau SO sieht mein Schreibtisch auch aus, wann immer ich zu viele zu wichtige Sachen zu erledigen habe.. *seufz*

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